Hat Ayahuasca mein Leben verändert?

Ja und nein. Es hat geholfen Prozesse in Gang zu setzen. Es inspirierte mich, triggerte mich so zusagen. Doch letzten Endes ist es das Selbst, dass seiner selbst Willen beginnt zu handeln oder zu unterlassen. Die Ayahuasca-Pflanze ist meisterlich, didaktisch, ein wunderbarer neuropsychologischer Katalysator, doch egal wie viel sie uns zeigen mag, unseren Innenraum spiegelt, die Tat und die Verantwortung die damit einhergehen liegen stets bei uns. Ayahuasca löst keine Probleme und korrigiert keine Fehler, dass müssen wir schon selbst tun. Zu glauben, dass wir danach oder damit, nie wieder etwas zu leisten bräuchten und die schamanische Arbeit ganz von selbst funktioniere, bringt niemanden weiter.
Zu Beginn glaubte ich auch, dass nun alles gut werde, ganz von selbst. Dass wenn ich nur rein genug würde, sich alle Disziplin von selbst einstellen würde. Doch weit gefehlt. Am Ende steht immer die Selbstverantwortung und wenn man genau hinschaut, steht letztere bereits beim Anfang, nur übersieht man das oft.
Die tiefenpsychologische Exkursion zum inneren Erlebnisraum, bringt einen mit so mancherlei Gefühlen in Kontakt. Das ist gerade am Anfang faszinierend und überwältigend. Der Neuling hält dass oftmals für essenziell und jagt regelrecht weiterem Wissen, weiteren Atraktionen, weiteren Erfahrungen nach. Oft verliert er sich dann auf dem Jahrmarkt seines Selbst. Er muss zuerst lernen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, denn was einen auf dem Basar der ekstatisch-psychedelischen Wonne dargeboten wird, ist nur allzu oft Glittertrödel und billiger Tand. Nur allzu gern halten unser Verstand und unsere Sehnsucht diese für wahre Schmuckstücke und Perlen der Erleuchtung. Man wähnt sich mitunter insgeheim als spiritueller Meister und Superschamane und hält doch tatsächlich die eigene Verblendung für den Glanz der Erleuchtung. Alles Schall und Rauch. Ablenkung durch Exotik. Man kann Jahre damit verbringen auf diesem Basar des persönlichen und kollektiven Unterbewusstseins umher zu gehen, mit den Händlern um Verantwortungsabgabe zu feilschen um dafür etwas pseudospirituellen Modeschmuk zu ergattern. Es ist grundsätzlich nichts schlechtes daran, denn jede Seele möchte ihre eigenen Lebenserfahrungen sammeln. Doch freier in seinem Wesen wird man dadurch nicht. Es wird zu einer öden, seichten Gewohnheit, in welcher man glaubt allem Schmerz und Leid entgehen zu können. All jenen Gefühlen eben, von denen wir schon das ganze Leben auf der Flucht sind. Aus der Überwältigung des Geschauten wird bald einmal Überforderung und bald findet man sich wieder in mitten einer Lebenskrise. Die Maskerade und Fassade beginnt zu bröckeln und aus ihren Rissen quillt die pure existenzielle Angst hervor. Man glaubt buchstäblich den Verstand zu verlieren, suhlt sich im Morast von Depressionsgefühlen und übersteigertem Selbstmitleid und plötzlich ist man nicht mehr der erhabene Guru, sondern der elendigste und bedauernswerteste Mensch auf Erden, wenn nicht gar im gesamten Universum. Doch eigentlich ist man immer noch nicht weiter. Man hat nur die Seite der Münze getauscht. Man muss sich da durchschälen, Schicht um Schicht all diese frühkindlichen Persönlichkeitsanteile freilegen, sie anschauen, sie auszuhalten lernen und sich in alldem annehmen. Das dauert und schult uns in Geduld, prägt den gelebten Alltag und lässt uns allmählich verstehen, wie ausgeliefert wir an das Leben sind. Es lehrt uns echte Demut und gesunden Pragmatismus. Es entmystifiziert das Erlebte.
Bei mir dauerte es Jahre und ich will nicht behaupten, dass ich den Jahrmarkt schon gänzlich verlassen habe. Halte ich doch dann und wann noch Ausschau nach dem Riesenrad und nasche ab und zu an der rosa Zuckerwatte.

Ein wesentlicher Aspekt stellt auch der Schamane dar. Er kanalisiert gewisse Energien im Verlauf des Prozesses. Wenn er sein Handwerk vesteht, moduliert er die verschiedenen Erlebnisphasen und verdichtet sie zu einer integrierbaren Erfahrung. Doch auch er kann uns die Verantwortung nicht abnehmen und sei er noch so geschickt. Er kann uns an unsere Grenzen begleiten, aber darüberhinaus wachsen müssen wir schliesslich aus eigener Kraft.
Ich habe Omar in den letzten fünf Jahren, seit ich mit ihm arbeite, als einen sehr fähigen Schamanen kennengelernt und schätze seine Arbeit sehr und ich bin ihm und seinen Helfern dankbar für die Geduld, die sie mir immer wieder schenken. Geduld ist es was es braucht in uns und mit allen und allem anderen um uns herum. Die Geduld sich dem Leben in verantwortungsvoller Art und Weise zu überlassen. Geduld dem Tod entgegen zu leben und das Leben in all seinener Pracht und unzähligen Fasetten zu feiern, dabei still werden zu dürfen, in sich zu ruhen, wie das Auge des Sturms, der Baum im Wind und dergleichen mystischangehauchten, wohlklingenden Alegorieen.

 

Yagé (Ayahuasca) hat mir dabei geholfen, mein Leben in diversen Bereichen
zu verändern. Zum einen half mir die Arbeit mit Ayahuasca meine persönliche
Familiengeschichte auf einer tieferen Ebene neu zu betrachten und ungelöste und
unbewusste Konflikte/ Traumata anzuschauen. Daraus ergab sich eine schrittweise
Abkehr von selbstzerstörerischen Verhaltensmustern, welche meine unmittelbare
Lebensreali-und Qualität seit Jahren prägten. Sucht und Depressionen waren die
Kernthematik. Unter dem Einfluss von Yagé erkannte ich die Ursprünge davon.
Therapeutisch/ schamanische Begleiter halfen mir dann, diese Erkenntnisse zu reflektieren
und diese Bewusstwerdung zu festigen.
Zuvor hatte ich einige Jahre ein exessives und trotziges Dasein geführt,
immer am Limit und ohne materielle und emotionale Stabilität. Ich machte
häufig meine Familie, die Gesellschaft, sprich die ganze Menschheit für mein
persönliches Leiden und Elend verantwortlich. So vergeudete ich viel
Lebensenergie daran, stets einen Schuldigen zu finden. Ich verweigerte mich
den meisten gesellschaftlichen Normen und nannte dies dann Freiheit. Ich begab
mich an den Rand in der vollen Überzeugung, damit die ganze Welt schlagartig zu verändern. Doch in
Wahrheit lief ich einfach vor mir selbst davon.

Ayahuasca konfrontierte mich damit und dies tat es in dem es mich mit meinem Tod
in Verbindung brachte. Angesicht meines persönlichen, psychologischen Sterbens
wurde all mein Zanken und Hadern mit der Welt und mir selbst bedeutungslos. An dem Punkt des völligen ausgeliefertsein an das grosse
Unbekannte, verstand ich, dass ich alleine die Verantwortung für mein Leben habe
und ich mich selbst verändern musste, anstelle der äusseren Welt. Dieses Begreifen
beschränkte sich nicht nur auf die intelektuelle und theoretische Ebene.
Vielmehr erfasste es mein gesamtes Körpersystem und schien direkt daraus hervor
zu gehen.

Im Alltag begann ich mit praktischen und funktionalen Übungen. So baute ich
regelmässige Meditation in meinen Tagesrythmus ein. Wandte mich sportlicher
Betätigung zu und ass gesünder. Es dauerte eine Weile, doch mit der Zeit wurden
die Veränderungen spürbar.

Ich begann mich mehr zu spüren und heimischer in
meinem Körper zu fühlen, was mich wiederum dazu befähigte anders auf die Welt
zu zugehen. Auf einmal erfolgten Dinge in meinem Leben, mit denen ich zuvor
gehadert hatte. So fand ich eine gute Arbeit, fand den Mut eine Ausbildung nach zu
holen und ging eine feste Partnerschaft ein. Auch änderte sich mein geografischer
Standort und mein soziales Umfeld. Schweren Herzens musste ich einige Kontakte
aufgeben. Auch gewisse Vorlieben und Meinungen warf ich über Bord, weil sie einfach
nicht mehr meiner inneren Wahrheit entsprachen. Das machte zunächst Angst, doch
die Erkenntnis setzte sich schliesslich durch.

All diese Veränderungen brauchten Jahre und heben sich erst rückblickend von meiner früheren Mittelmässigkeit ab. Da ist wesentlich mehr Tiefe da in meinem Leben. Ein bewussterer und authentischerer Umgang mit den eigenen Gefühlen. Dies alles ist ein laufender Prozess wie das Leben selbst. Ich entwickle mich weiter und Yagé begleitet mich dabei. Ob bis ans Ende meiner Tage? Wer weiss. Wenn es stimmig ist ja, wenn es richtig erscheint damit auf zuhören auch gut. Nichts braucht gehalten zu werden.

Ein zufriedenes Leben mit allen Höhen und Tiefen darin. Ein paar Jahrzehnte menschliches Drama erleben um dann möglicherweise mit etwas mehr Weisheit zu der Quelle zurück zu kehren, wenn es denn eine solche gibt. Ansonsten die Bewusstheit kultivieren und sich in freier Selbstdisziplin üben solange ich noch lebe, denn der Tag meines Todes wird unausweichlich kommen. Daran führt kein Weg vorbei und manchmal hilft mir Yagé dabei, mich daran zu erinnern und es zu akzeptieren. Lüftet ein wenig den Schleier hin zum Jenseits und trennt meine Seele vom Körper um die beiden dann erneut und geläutert zu vereinigen.

Das kleine, unauffällige. Das stille und ruhige birgt das grosse Mysterium. Schafft die heilende Verbindung zur gesamten Schöpfung. Ein leises Lied, getragen vom kosmischen Wind. Es summt in allem und manifestiert sich in allen Formen, auch als einfaches Molekül in unserer Zirbeldrüse, in mitten unseres Gehirns, von uns Menschen Dimethyl-Tryptamin genannt.

Danke

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Comments: 1
  • #1

    Omar Aguilar (Sunday, 01 July 2018 17:53)

    Danke dir Maurus ,ich finde deine Geschichte sehr schön mit vielen Probleme ,leiden Unsicherheit etc. aber du hast dich kennengelernt und gefunden..
    Danke dir vielmals für das Vertrauen